Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Steigerungen und Randgänge – Mittelalterliches Aventiurenerzählen und seine Transzendenzen

Workshop des Teilprojekts 2b „Transzendenz als Steigerungsform und Spannungspol des Abenteuerlichen“

23.03.2023 – 24.03.2023

Ort: Seidl-Villa, Nikolaiplatz 1b (Schwabing), Zenzl Mühsam Saal

 

Steigerungen und Randgänge

Strukturalistische Analysen konnten die mittelalterlichen arthurischen Versromane als topologisch klar gegliedertes Programm verstehen, nach dessen Vorgaben die Aventiurenfahrt des Protagonisten vom zivilisierten Raum der höfischen Gesellschaft in dessen ungeregelt-wilden Gegenraum und wieder zurück führt. Allzu simple Vorstellungen eines solchen Erzählprogramms sind inzwischen vielfach nicht nur weiterentwickelt, sondern auch prinzipieller relativiert worden, vor allem durch stärkere Beachtung von narrativer Prozessualität, Zeitlichkeit und Ereignishaftigkeit. Der Workshop nimmt diese Perspektiven auf, um die Charakteristik episodischen Abenteuererzählens konsequent und neu in den Blick zu nehmen. Insbesondere zwei leitende Hypothesen könnten so überprüft werden:

1. Das Abenteuer ist in erster Linie nicht durch einen gleichbleibenden Bezug auf eine statische Ordnung bestimmt, sondern durch seine topographisch mitvollziehbare, zugleich aber auch epistemisch begreifbare zunehmende Entfernung von einem Ordnungszentrum. Diese kann zugleich als raumgreifende, zeitgebende Bewegung in ein nur schwach vorstrukturiertes ‚Äußeres‘ wahrgenommen werden, wobei normative Orientiertheit kaum mehr in Bezügen auf eine feste Rahmung des Abenteuergeschehens zu fassen ist, sondern eher in veränderlichen Ausrichtungen auf einen distanten Horizont. So mag ein nicht mehr am Ordnungszentrum orientiertes ‚Anderswo‘ erreicht werden, von dem aus Bedingungen und Beschränkungen der Ordnungskonstitution in den Blick kommen. Kann der abenteuerliche Randgang dabei sogar in die Annäherung an ein radikal Anderes der Ordnung umschlagen?

2. Abenteuererzählen zielt nicht von vornherein auf Differenzgewinne; mindestens gleichrangig ist die Möglichkeit in ihm angelegt, Differenzialität zu entschärfen, Differenzen in Intensitäten umzuwandeln, Intensitätsgewinne zu steigern und intensitäre Gradationen (des Affekts, der Wahrnehmung, der Körperlichkeit, der Gewalt und Sexualität) zu bilden. In Episodenreihen können sich solche Stufungen zu Formen verdichten, welche sich nicht ohne weiteres sinnstiftend auflösen lassen. Zugleich wäre zu überlegen, inwiefern episodische Steigerungen des Transgredierens in ein Transzendieren übergehen können.


Anders gefragt: Gibt es ein Jenseits des Abenteuers?

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