Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Die Forschungsgruppe

Fragestellung

Der Begriff ‚Abenteuer‘ bezeichnet einen elementaren Nukleus des Erzählens – ‚elementar‘ sowohl im narrativen als auch im psychologischen Sinn. Unter den Grundbegriffen des Literarischen nimmt er eine Sonderstellung ein, weil er zum einen genuin narrativ, zum anderen (seiner Herkunft nach) in entscheidenden Aspekten mittelalterlich ist. Das so bezeichnete Erzähl-, Wahrnehmungs- und Erfahrungsschema hat sich, allen kritischen Einsprüchen zum Trotz, als extrem anpassungsfähig erwiesen, immer neue Renaissancen erlebt und immer neue Bereiche der Kultur durchdrungen (z. B. Film, Computerspiel, Werbung, Tourismus). In solchen Übertragungen wird der ursprünglich narrative Charakter des Abenteuers häufig nicht mehr mitgedacht.

Da dieser Charakter textuell vermittelt ist, bedarf es einer Philologie des Abenteuers, um diesem den ihm gebührenden Platz in der Anthropologie des Erzählens zuzuweisen. Abenteuer sind Bahnungen im Gestrüpp der Kontingenz. Sie verlangen nach einer Reflexion über Zufall und Schicksal, über Wagnis, Risiko und Ereignishorizonte des Erzählens, über Sinnansprüche und Techniken der Sinnbildung. Auf einer phänomenologischen Ebene angesiedelt, vermag der Begriff Abenteuer außerdem Fragestellungen an sich zu ziehen, die die libidinöse Erfahrung des Narrativen betreffen und sich im gängigen Vokabular der strukturalen Erzählanalyse nicht vollständig adressieren lassen.

In ihrer ersten Arbeitsphase hat die Forschungsgruppe den Begriff des Abenteuers im Schnittpunkt von vier methodischen Blickwinkeln situiert (literaturgeschichtlich, literaturpsychologisch, erzähltheoretisch und fiktionstheoretisch). Im Zentrum der zweiten Phase steht die narrative Artikulation dreier Felder der Erfahrung, mit denen das abenteuerliche Erzählen in besonderer Weise konfrontiert ist: soziale Ordnung, Gewalt und Liebe. Ein vierter Forschungsschwerpunkt untersucht unter dem Titel „Jenseits des Abenteuers“ Momente der Selbstbegrenzung und Selbstüberschreitung im abenteuerlichen Erzählschema.

Organisation

Die DFG-Forschungsgruppe „Philologie des Abenteuers“ nahm im April 2018 ihre Arbeit zunächst für eine erste, dreijährige Förderphase auf. Im September 2020 bewilligte die DFG eine zweite Förderphase, die im Frühjahr 2021 anlief. In der aktuellen Förderphase versammelt die Forschungsgruppe insgesamt acht Teilprojekte und ein Mercator-Projekt, die gemeinsam einen weiten historischen Bogen von der Spätantike bis ins 21. Jahrhundert schlagen. Beteiligt sind die Fächer Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Germanistik, Anglistik, Romanistik, Slavistik, Germanistische Mediävistik, Religionswissenschaft sowie Medienwissenschaft. Sieben der aktuell laufenden Teilprojekte sind an der Ludwig-Maximilians-Universität München angesiedelt, eines an der Freien Universität Berlin.