Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Jahrestagung „Abenteuer in der Moderne“

17.01.2019 – 18.01.2019

Die erste Jahrestagung der Forschungsgruppe ist dem Thema „Abenteuer in der Moderne“ gewidmet und findet am 17. und 18. Januar 2019 im Literaturhaus München statt.

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 Moderne Literatur fordert von sich selbst den Verzicht aufs Abenteuerliche. Die Abenteuergeschichte wird zum Inbegriff der falschen Geschichte – der illusionären Stiftung von Kohärenz durch identifizierbare Helden, unterkomplexe Plotschemata und eine wohlfeile Kolonialisierung des Exotischen. Die Kritik an allem, was als abenteuerlich und also trivial gilt, wird im 18. Jahrhundert geradezu zum Topos im ästhetischen Selbstverständigungsprozess. Was überhaupt noch des Erzählens wert ist, muss sich jenseits des vom Lustprinzip regierten Abenteuers abspielen. Im Zuge dieser Abstoßungs- und Zurückweisungsgeschichte jedoch gewinnt die Frage, wie es möglich ist, kein Abenteuer zu erzählen, den Status einer Kernfrage für die Literatur der Moderne. Ihr gilt das Interesse der Tagung.

Programm zur Jahrestagung „Abenteuer in der Moderne“

Flyer zur Jahrestagung „Abenteuer in der Moderne“

Schwerpunkte 

Figuren
In der Moderne scheint für den Abenteuerhelden kein Platz mehr zu sein. Er wirkt lächerlich oder bestenfalls komisch. Umgekehrt jedoch partizipieren eine Vielzahl von modernespezifischen Figuren an diesem scheinbar obsoleten Typus. Die Tagung will moderne AbenteurerInnen und die dazugehörigen sozialen und kulturgeschichtlichen Kräfte – etwa Dynamiken der Heroisierung oder Entzauberung – zum Thema machen. Inwieweit die Aneignung des Abenteurer-Status (in Form von Projektionen, Hybridisierungen, Appropriationen…) dabei selbst bereits Gegenstand des Erzählens ist, wird ebenso zu diskutieren sein wie jene Genderverhältnisse, für die Clare Mulcahy die Formel »without Jane, no Tarzan« geprägt hat. Diese Verhältnisse betreffen nicht nur plotspezifische Dichotomien und Interaktionen, sondern auch das projektive Engagement der LeserInnen zwischen Abstoßung und Attraktion.


Formen
Erzählverfahren und -formen, die in der literarischen Moderne entweder in der Zurückweisung des Abenteuers an Profil gewinnen oder das Erzählmuster produktiv zu erneuern wissen, sind zahlreich. Die Transformationen des Abenteuernarrativs und die dazugehörigen Poetologien bilden einen weiteren Schwerpunkt der Tagung: An Abenteuersequenzen angelehnte episodische Erzählstrukturen, Strategien der Auslagerung oder Einkapselung des Abenteuers in kleine Erzählformen (bis hin zum Feuilletonroman) und Binnengeschichten interessieren genauso wie Neuakzentuierungen der ereignishaften Qualität von Abenteuern – etwa als Trauma –, Experimente mit abenteuerlichen Erzählmustern (Heliodorschema, doppelter Kursus…) sowie modernespezifische Erzählgenres, die als solche in die Genealogie des Abenteuers eintreten (z.B. Detektivroman, Kolonialroman, Fantasy).


Räume
Wenn der Übertritt aus der eigenen kulturellen Ordnung in einen fremden Raum eine Grundbedingung für das Abenteuer darstellt, wird diese Voraussetzung in der durchmessenen Welt der Moderne prekär. Doch gerade wo räumliche Überschreitungen keine Abenteuer mehr garantieren, bleibt der Wunsch nach einem exotischen, außeralltäglichen Abenteuerraum bestehen. Es stellt sich daher die Frage, wie Imaginationsräume für das moderne Abenteuer geschaffen werden. Dabei kann es etwa um Reise- und Entdeckernarrative, um die Verlegung der räumlichen Transgression in Phantasiewelten bzw. ins Psychische oder um die Kopplung des Abenteuers an das geopolitische Imaginäre von Großraum- und Eroberungsphantasien, aber auch umgekehrt um die Verlagerung von Abenteuersujets in moderne Großstadträume gehen.