Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Dem Abenteuer entgegen: Transformationen des Abenteuers in Bildungsroman und Novelle (I)

Neuere deutsche Literatur, LMU München
Projektleiterin: Prof. Dr. Inka Mülder-Bach
Mitarbeiter: Dr. Oliver Grill

Cézanne

Cézanne, Château Noir, 1900–1904. Washington (D.C.), National Gallery of Art.

Das Teilprojekt zielt darauf, die Bedeutung des Erzähl- und Erlebnisschemas Abenteuer in der Moderne am Beispiel von deutschsprachigen Romanen zu erhellen, die in unterschiedlicher Weise an der Gattung des Entwicklungs- bzw. Bildungsromans partizipieren: sei es, dass sie – wie Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre und Kellers Der grüne Heinrich – zu Kristallisationspunkten der Diskussion um das Gattungsparadigma wurden, sei es, dass sie – wie Thomas Manns Der Zauberberg und Musils Der Mann ohne Eigenschaften – in intensiver Auseinandersetzung mit der Gattungstradition entstanden. Während das Narrativ der Bildung im Allgemeinen als Gegenentwurf und Kritik des Abenteuers gilt, geht dieses Vorhaben von der Beobachtung aus, dass das Verhältnis des Bildungsromans zum Abenteuer gleichermaßen von Abstoßung wie von Anziehung bestimmt ist. Diese Ambivalenz prägt sich in den einzelnen Romanen aus, sie charakterisiert aber in gewisser Hinsicht auch die Geschichte der Gattung, die sich in doppelter Weise ‚dem Abenteuer entgegen‘ ausrichtet: indem sie sich ihm einerseits entgegensetzt und ihm andererseits entgegengeht.

In der Untersuchung dieser Ambivalenz wird das Teilprojekt nicht nur die Tradition des Bildungsromans am Leitfaden des Abenteuers neu in den Blick nehmen, es will vielmehr auch umgekehrt anhand des Bildungsromans Aufschluss über das Abenteuer gewinnen. Denn in der Erzählung abenteuerlicher Ereignisse und Erlebnisse reflektiert der Roman auf seine eigene Vorgeschichte. Der Bildungsroman ist insofern nicht nur ein lohnendes Objekt einer Philologie des Abenteuers. Er betreibt diese Philologie in gewisser Weise selbst. Ein Aspekt des Abenteuers, an das dabei schon die Lehrjahre erinnern, ist dessen Affinität zur Novelle und zu anderen kleinen Erzählformen. Um dieser Affinität nachzugehen, wird das Teilprojekt ergänzend zu den Romanen auch ausgewählte Erzählungen der genannten Autoren in die Untersuchung einbeziehen.

Zugeordnete Schwerpunkte: