Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Abenteuer und Moderne

Die Geschichte des modernen Erzählens lässt sich, jedenfalls was den Roman betrifft, als Geschichte der Zurückweisung des Abenteuers schreiben. In der Moderne wird die Abenteuergeschichte zum Inbegriff der falschen Geschichte, die eine Illusion von Kohärenz vermittelt und einem trivialen narrativen Lustprinzip unterliegt. Diese Abstoßungsgeschichte beginnt mit Cervantes’ Parodie der ritterlichen aventure und kulminiert im 20. Jahrhundert in dem, was man vereinfacht als Emanzipation des Erzählprozesses vom erzählten plot bezeichnen könnte. Die Frage, wie es möglich ist, kein Abenteuer zu schreiben, wird zu einer der Kernfragen der Poetik des modernen Romans.

Parallel dazu konstituiert sich der Bereich der modernen Unterhaltungsliteratur überhaupt erst als Raum des auf diese Weise Ausgeschlossenen. Da der Anspruch auf Transgression in einer ausgemessenen Welt zunehmend unglaubwürdig wirkt, verlegen solch populäre Kompensationsformen das Abenteuer an die Peripherie der zivilisierten Welt (Kolonialliteratur), in magische Parallelwelten (Fantasy) oder in andere Galaxien (Science Fiction).

Neben dem offensichtlichen Weiterleben des Abenteuerparadigmas in der Populärliteratur fokussiert die Forschungsgruppe aber auch dessen verkapptes Überleben in der Literatur des Höhenkamms: Auch hier besteht das Abenteuer unterschwellig fort, sei es als novellistische Enklave, in Stadien der Brechung und Reflexion, im Inneren avancierter Erzählliteratur oder in bewusster Gegenbesetzung durch die Avantgarden. Das Insistieren des Überwundenen deutet auf ein Wahrheitsmoment im Inneren der falschen Geschichte: eine Art Wahrheit des Phantasmas, auf die die Moderne nicht ganz verzichten konnte.

Zugeordnete Forschungsprojekte: