Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Kontingenz und Kohärenz

Wer Abenteuer erzählt, erhebt den Anspruch, das Erzählen mit dem Zufall zu vermitteln. Das Abenteuer enthält ein Moment gefährlicher Kontingenz, dieses wird aber narrativ in einen Zusammenhang eingebettet, in dem es sich als Bewährungsprobe oder Prüfung erweist. Abenteuer sind also Fälle von arrangierter Kontingenz: Sie nähren sich vom Zufall und enthalten gleichzeitig das Versprechen, ihn aufzuheben. Während das so verstandene Abenteuer vom antiken Roman bis in die Frühe Neuzeit eine akzeptierte Strategie der Kontingenzbewältigung darstellt, wird das Unbehagen gegenüber dem arrangierten Charakter abenteuerlicher Erzählmuster in der avantgardistischen Literatur der Moderne zu einem regelrechten Leitmotiv. Der Konflikt zwischen Kontingenz und Kohärenz, den das Abenteuer schlichten wollte, verlangt im Zeitalter statistischer Verfahren und versicherungstechnischer Praktiken nach anderen erzählerischen Lösungen.

Die ambivalente Position des Abenteuers zwischen Zufall und Sinnstiftung berührt sowohl formgeschichtliche als auch risikosoziologische Fragestellungen. Die Forschungsgruppe untersucht deshalb einerseits das Wechselverhältnis zwischen narrativer Offenheit und verschiedenen textuellen Strukturierungen. Andererseits zielt ihre Arbeit darauf ab, die Soziologie und die Ökonomie des Risikos erzähltheoretisch fruchtbar zu machen. Aus dieser Perspektive erscheint das Abenteuer als ein fiktionaler Überschuss, der aus dem ökonomischen Kalkül abgezogen und zum Gegenstand einer andersartigen, literarischen Spekulation gemacht wird.

Zugeordnete Forschungsprojekte: