Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Abenteuer und Fiktion

Da von Abenteuererzählungen erwartet wird, dass sie von außeralltäglichen und daher zumindest statistisch wenig wahrscheinlichen Geschehnissen berichten, stehen sie prinzipiell im Verdacht, diese Geschehnisse fingiert zu haben. In neuzeitlichen Debatten erscheinen bestimmte mit dem Abenteuer assoziierte Sujets (etwa die märchenhaften Elemente der höfischen romans) und Verknüpfungstechniken (etwa die zufallsgetriebene, episodische Verbindung) deshalb häufig als exemplarische Fälle von Fiktionalität. Damit bilden sie die negative Kontrastfolie einer ‚realistischen‘ Literatur, welche zwar ebenso fiktional ist, jedoch über Techniken verfügt, diesen Status zu verschleiern.

Gleichzeitig lässt sich die mehrdeutige Bezeichnung ‚Abenteuer‘ aber nie ausschließlich auf den Bereich literarischer Fiktionen eingrenzen. Gerade weil Abenteuern etwas Fingiertes anhaftet, übt die Abenteuerlichkeit des Faktischen auf moderne Leser einen besonderen Reiz aus. Dies machen sich faktuale Texte – vor allem aus dem Bereich der Reiseliteratur – zunutze, die darauf beharren, dass die von ihnen dargestellten Ereignisse ebenso ‚abenteuerlich‘ wie Romane und doch tatsächlich vorgefallen seien.

Der zweifelhafte Realitätsstatus des Abenteuers, der innerhalb dieses Schwerpunkts der Forschungsgruppe ausgelotet wird, ist seit der Frühen Neuzeit immer wieder zum Gegenstand einer Selbstreflexion der Literatur geworden. Den Einsatzpunkt dafür liefern Ariost und Cervantes, die den phantasmatischen und traumhaften Charakter des Abenteuers gezielt ausstellen. Aber auch fiktive Reiseberichte wie Gulliver’s Travels und die „faktographische“ Literatur der sowjetischen Spätavantgarde sind Teil dieser Reflexionsgeschichte und stehen als solche auf der Forschungsagenda der Gruppe.

Zugeordnete Forschungsprojekte: