Forschergruppe „Philologie des Abenteuers“
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Abenteuer und soziale Ordnung

Dieser Schwerpunkt adressiert eine Frage, die Hegel in der Ästhetik aufgeworfen hat: Was kann der Begriff „Abenteuer“ unter den verrechtlichten Bedingungen einer modernen Gesellschaft noch bedeuten? Im Sinne einer Langzeitgeschichte des Abenteuers verfolgt die Forschungsgruppe das zugrundeliegende Problem bis in die historisch älteren Schichten der Literatur zurück: Schon die antiken und mittelalterlichen Gründungstexte werfen, indem sie die narrative Teleologie schwächen und den Zufall ermächtigen, die Frage auf, wie sich Erzählstruktur und soziale Ordnung zueinander verhalten. In der Folge ergeben sich neue Problematiken: Wann wird der Abenteurer vom Ordnungsstifter zum Ordnungsstörer, wann wird der chevalier errant zum rasenden oder irren Ritter, wann schließlich zum Glücksritter, gentleman of fortune, und in letzter Instanz zum Verbrecher?

Im neuzeitlichen Roman etabliert sich, als Zerfallsprodukt der ritterlichen Aventiure, die Verbindung von Abenteurertum und Delinquenz. Besonders virulent wird dies in der pikaresken Erzähltradition, die Erzählform unmittelbar als Figuration des Sozialen erkennbar macht, insofern sie eine lose Erzählstruktur zu einer losen Bindung an gesellschaftliche Regeln ins Verhältnis setzt. Suspekte Ich-Erzähler untergraben hier gleichsam das narrative Gewaltmonopol. In der Moderne lässt sich die Affinität von Abenteuer und Delinquenz von zwei Seiten ins Auge fassen. Einerseits wird das Abenteuer zur Ideologie, das Krieg und Gewaltverbrechen legimitiert. Andererseits wird es über den radikalen Bruch mit der sozialen Ordnung der Denkfigur eines Verbrechens angenähert, dessen Spezifik darin liegt, Freiheit zu versprechen.

Zugeordnete Forschungsprojekte: